Interview mit Lauren Ford
Autor: Ingolf Rust, Donnerstag, 22. Mai 2008Dynamics: Du musstest dir ja gezwungenermaßen die letzen Spiele der Saison von der Seitenlinie aus anschauen, nachdem du dich im Spiel gegen Dresden verletzt hattest. Wie geht es dir heute, und wie hast du die vergangenen Wochen seit dem Saisonende verbracht?
Lauren: Heute sind offiziell 6 Wochen vergangen seit meiner Operation und deshalb kann ich die Schlinge jetzt abnehmen. Darüber bin ich wirklich sehr glücklich. Es ist schon ziemlich schwierig, wenn man versucht, die Dinge mit einem Arm zu erledigen. Ich bin immer noch dabei, mit der Hilfe meines Cousins an der Wiederherstellung meiner Schulter zu arbeiten. Er macht gerade seinen Doktor als Physiotherapeut. Als die Saison vorbei war, hab ich versucht, bei der Mannschaft zu bleiben, aber ich bin dann doch „hinausgegangen“ und habe mich in Suhl und Umgebung umgesehen. Ich bin auch mal mit dem Zug nach Erfurt gefahren. Das war sogar meine aller erste Zugfahrt überhaupt. Außerdem hab ich mir das neue Einkaufszentrum angesehen, neue Speisen probiert und hab mir im Cineplex einen Film in deutscher Sprache angeschaut. Das war echt witzig. Und natürlich war es auch ein großes Vergnügen mit Euch beim VolleyBowl zu bowlen.
Dynamics: Was waren deine ersten Gedanken, als dir das Ausmaß deiner Verletzung klar wurde, und wie schwer war es für dich, so weit weg von daheim ins Krankenhaus zu müssen?
Lauren: Ich war am Boden zerstört und frustriert. Ich hatte auch früher schon mal einige Verletzungen, die mich vom Spielen abhielten, aber noch nie solch ein Saisonende. Anfangs dachte ich daran, für die Operation nach Hause zurückzukehren, und meine Eltern waren der Meinung, das die Reha im heimischen Umfeld besser verlaufen würde. Aber als ich dann herausfand, wie viel Zeit es kosten würde, daheim meine Krankenversicherung wieder einzurichten, entschied ich mich, für die Operation hier zu bleiben. Die Aussicht, ins Krankenhaus zu müssen, ist ja immer beängstigend. Egal in welchem Land man ist. Daher war mir schon unwohl, als ich für die Operation ins das Klinikum musste, aber man hat sich dort sehr gut um mich gekümmert.
Dynamics: Die Verletzung passierte ja zu einem Zeitpunkt, als du gerade immer mehr Einsatzzeit bekommen hast. Kannst du trotzdem nach dieser kurzen Zeit einschätzen, wie das Wettkampfniveau in der DVL ist, verglichen mit der NCAA?
Lauren: Ja, der Zeitpunkt war am frustrierendsten. Ich war gerade dabei, so richtig in Schwung zu kommen, als ich mich verletzte. Aber ausgehend von meinen Erfahrungen gibt es schon einen kleinen Niveauunterschied. Ich fand immer, dass ich durch das Zusammenspiel mit Spielerinnen aus anderen Ländern immer Neues dazulernen kann. Seien es nun andere Angriffsschläge, langsamere (gezielte Schläge), Lupfer oder longline
-Schläge. Am meisten fasziniert hat mich die Schnelligkeit, mit der Maja und Nale ihre einbeinigen Schnellangriffe ganz knapp hinter der Zuspielerin schlugen. So schnell hab ich noch nie solche Angriffe geschlagen, und auch noch nie vorher gegen solche Schläge verteidigt. Allein das Training mit Anja und den beiden hat mir geholfen mich zu verbessern, und hat mir auch sehr viel Spaß gemacht.
Dynamics: Mit deiner Verpflichtung wurde ja die großartige Tradition von US-amerikanischen Spielerinnen beim VfB fortgeführt. Kennst du vielleicht eine deiner Vorgängerinnen, und wie kam der Kontakt mit dem VfB eigentlich zu Stande?
Lauren: Zufälligerweise kenne ich drei ehemalige VfB-Spielerinnen. Mit Erin Byrd habe ich während meines ersten Jahres in Wisconsin gespielt. Von daher kenne ich sie ein wenig, außerdem war sie meine Mentorin. Unsere Schließfächer waren auch direkt nebeneinander, und sie hat mir sogar das Stricken beigebracht. Ich wusste auch, dass sie in Deutschland gespielt hat, aber nicht bei welchem Team. Gegen Jelena (Mijatovic) habe ich gespielt, als ich nach South Carolina ging und sie zur LSU (Louisianna State University) wechselte. Gegen Sherri habe ich auch 3 Jahre gespielt – wir standen uns gegenüber, als sie für Florida spielte. Von daher war ich recht vertraut mit ihnen.
Was den Kontakt mit dem VfB anbelangt – der kam über eine Agentur namens Elite Volleyball Players
. Sie haben sozusagen meine Überseegeschäfte
für mich abgewickelt.
Dynamics: Du bist ungefähr zur Hälfte der Saison zum Team gestoßen. Welche Erwartungen hattest du, und wie waren deine ersten Wochen hier in Suhl, als du dich an das Umfeld und das Team gewöhnen musstest?
Lauren: Es war schon schwierig, mittendrin zum Team zu stoßen. Der Kern der Mannschaft spielte ja schon sehr lange zusammen, und die Spieler hatten sich schon aneinander gewöhnt. Ich war zu Beginn besorgt wegen der Sprachbarriere, aber mein Agent versicherte mir, dass die Leute in Deutschland oft Englisch sprechen.
Suhl ist ja das, was ich eine „übersichtliche“ Stadt nennen würde. Ich hielt das für vorteilhaft, da ich nicht so abgelenkt werden würde. Ich mag die Stadt auf jeden Fall sehr. Ich habe ein Weilchen gebraucht, um mich an die Zeitverschiebung und an das Essen zu gewöhnen, aber ich konnte mich anpassen. Das Training war allerdings härter als ich es erwartet hätte. In den Staaten war ich es gewohnt, einmal täglich zu trainieren, hier gab es hingegen zwei Einheiten am Tag. Aber auch damit bin ich zurecht gekommen.
Dynamics: Welchen Eindruck hast du vom Publikum in der „Wolfsgrube“ und was für eine Erfahrung war das Pokalfinale für dich?
Lauren: Ich liebe das Publikum während der Spiele. Das war das Erste, was ich registrierte. Das einzige Mal, dass ich noch vor solch einem Publikum spielte, war in Wisconsin, welches unter den Top3 der NCAA-Zuschauerstatistik rangiert. Es war echt cool, das ganze Drumherum ist wirklich angenehm und aufregend. Ich mag das sehr. Vor allem die Trommeln.
Dynamics: Das Saisonfinale war hart umkämpft und der VfB verpasste eine Medaille nur aufgrund ein paar Sätze. Herrschte wegen der vergebenen Medaillenchance große Trauer innerhalb des Teams oder überblendete der Pokalsieg diesen Makel
? Wie fällt dein persönliches Saisonfazit aus?
Lauren: Das allgemeine Gefühl war schon eher, dass man eine Chance verpasst hat. Jedoch denke ich, dass gerade dies den Sport so großartig macht, dass man aus dem Geschehenen lernen kann um es in der Zukunft besser zu machen. Das Ende der Saison war schon richtig eng zwischen den Top-4 Teams. Jedes dieser Teams hätte jederzeit jedes der anderen schlagen können. Der Pokalsieg war gigantisch. Und egal was kommt: Den Titel kann uns niemand mehr nehmen. Ich habe mich riesig für alle gefreut, als wir gewannen. Ich selbst hatte noch nie etwas gewonnen, und gleich nach dem Wechsel hierher so etwas zu erleben war für mich persönlich einfach gigantisch.
Dynamics: Während der letzten Wochen wurden von der FIVB ja einschneidende Änderungen auf den Weg gebracht, und viele Leute im europäischen Volleyball sind besorgt über deren Auswirkungen auf den Volleyballsport weltweit – trotz der kleinen Kompromisse, die in der endgültigen Beschlussvorlage gemacht wurden. Was denkst du über diese Entwicklung?
Lauren: Ich bin natürlich direkt betroffen, und von daher bin ich überhaupt nicht damit einverstanden. Ich glaube, dass es dadurch für Spieler(innen) wie mich viel schwerer wird, im Ausland spielen zu können. Das ist besonders für uns Amerikaner ein Problem, da wir noch keine (Profi-)Liga in den USA haben. Ich glaube es fördert den Nationalismus, aber ich mag Vielfältigkeit. Unsere Mannschaft war in der letzten Saison so multinational, und ich glaube jedes vertretene Land konnte etwas Anderes zu unserem Team beitragen, was wir untereinander teilen konnten. Einer der Aspekte, wo diese neue Regelung den Vereinen schaden wird. Von daher hoffe ich, dass sich vielleicht noch etwas daran ändern wird.
Dynamics: Bedauerlicherweise wissen wir derzeit noch nichts über deine Zukunft beim VfB, hoffen aber alle, dass wir dich wieder im Kreise des Teams begrüßen dürfen. Gibt es schon irgendwelche Neuigkeiten, welche du uns mitteilen könntest?
Lauren: Natürlich würde ich gerne wieder zurück nach Suhl kommen. Ich hab mich schon voll darauf eingestellt in Suhl zu sein, zumal es hart wäre, wieder in einem anderen Team Fuß zu fassen. Momentan warte ich die Entwicklung rund um den FIVB ab und warte auf eine Reaktion von Herrn Wehner. Sollten mich die Regeländerungen dazu zwingen, das Team zu wechseln, würde ich Suhl, die Mädels und die weltweit besten Fans extrem vermissen. In jedem Falle wünsche ich euch allen nur das Allerbeste!
Das Interview wurde von den Dynamics per E-Mail geführt. (SC, BX)
Schlagworte: Interview, Lauren Ford, Let us play
24. Mai 2008 um 17:58 Uhr
Sehr schönes Interview und viele Informationen durch Lauren…
Danke!
26. Mai 2008 um 13:09 Uhr
😀 „Mit Erin Byrd habe ich während meines ersten Jahres in Wisconsin gespielt. Von daher kenne ich sie ein wenig, außerdem war sie meine Mentorin. Unsere Schließfächer waren auch direkt nebeneinander, und sie hat mir sogar das Stricken beigebracht“
man man man….i kommentiere es liebe nicht…. :LOL: :LOL:
aber sonst meine hochachtung, tolles i´view
26. Mai 2008 um 13:36 Uhr
Du bist doch bloß neidisch, weil DU nicht der hohen Kunst des Strickens mächtig bist.
26. Mai 2008 um 13:48 Uhr
genaaaaau satan so isses:) dafür kann aber seeehr kunstvoll mit den dämchendrehen:))))
ist ja wurst, solange es mit der mentor tättigkeit beim stricken geblieben ist dann isses ja gut, hoffentlich hat ihr eryn nix von ihren v´ball wissen beigebracht…
26. Mai 2008 um 13:54 Uhr
Oh man! Wer hat denn Korso das Voice-Recht gegeben? Erinnert irgendwie an Kindergarten + Legasthenie hoch drei. :rolleye:
19. September 2008 um 10:20 Uhr
Schade für Lauren, dass sie nicht weiter für den VfB spielen kann. An der Ausländerregelung kann es nicht gelegen haben – jetzt spielt ja wieder ein US-Girl namens Alesha…
21. September 2008 um 16:16 Uhr
Natürlich lag es auch an der Ausländerregelung. Zu dem Zeitpunkt, als man Lauren hätte verlängern müssen, war die Sache rechtlich noch nicht in trockenen Tüchern, und es wäre riskant gewesen, mit einer Spielerin die sich von einer Operation erholt eine wertvolle Kontingentstelle zu besetzen. Das hätte mit Sicherheit ’ne Menge Kritik gehagelt.