Interview mit Sherri Williams
Autor: Bux, Samstag, 17. Februar 2007Dynamics: Hallo, und Danke, dass Du einen Moment für uns Zeit hast. Kannst du uns mit ein paar Worten das Spiel beschreiben – die ersten beiden Sätze waren ja schrecklich eng…
Sherri: Unsere Spiele waren in letzter Zeit für gewöhnlich immer etwas eng. Man weiß eben nie, wie sich die Gegner präsentieren. Aber wir haben dann immer mehr unseren Rhythmus gefunden. Ganz besonders im 3.Satz, wo wir sie mit 25:8 hinter uns lassen konnten, und spätestens da waren wir im Spiel angekommen. Ich glaube, wir mussten erst einmal Vertrauen in unsere Aufschläge gewinnen, um mehr Druck auf sie ausüben zu können. Das ist meiner Ansicht nach der größte Unterschied zwischen den Sätzen 1 und 2 im Vergleich zu 3 und 4.
Dynamics: Die Aufschläge waren also der einzige Grund, warum die Partie gekippt ist? Wir hatten den Eindruck, dass sich die Annahme während des Spieles auch gesteigert hat.
Sherri: Ja, die Abwehr hat auch immer mehr ins Spiel gefunden. Am Anfang hatte die Nummer 1 der Raben (Norisha Campbell) noch leichtes Spiel gegen uns, und unseren Block. Aber danach halfen uns unser Abwehrverhalten und unsere Aufschläge immer mehr. Wenn man druckvoll aufschlagen kann, ist es schwer für den Gegner die Bälle zu stellen, und den Ball richtig zu schlagen. Die Abwehr hat geklappt, und der Rest hat sich dann auch zusammengefügt.
Dynamics: Es war, um es mal deutlich zu sagen, ein sehr wichtiges Spiel…
Sherri: Oh ja, das war es auf jeden Fall…
Dynamics: Habt Ihr einen speziellen Plan für solche Spiele, oder sagt Ihr euch "OK, lasst uns aufs Feld gehen und Spaß haben?"
Sherri: Eher letzteres. Wir waren ja eigentlich – wie wir in Amerika sagen würden – die Underdogs. Wir hatten sicherlich etwas zu verlieren, aber bestimmt nicht so viel wie sie (Vilsbiburg). Sie standen eigentlich ganz gut in der Tabelle da, aber wir sind kürzlich an ihnen vorbei gezogen. Es war schon ein wichtiges Spiel, aber man hat keinen Plan dafür, sondern man schaut sich ein paar Videos an, und versucht Spaß am Spiel zu haben. Das ist so ziemlich alles, was man machen kann.
Dynamics: Du musstest das Spiel recht früh verlassen, aber heute konnten wir ja trotzdem einige Blockaktionen und Mittelangriffe mehr bewundern – das wird von Euch sonst nicht so oft so gespielt. Weißt Du, warum?
Sherri: Warum wir nicht so oft durch die Mitte spielen? Es könnte an unserem Passspiel liegen – das ist meist der Grund dafür. Wenn man sich beim Spiel über die Mitte nicht so "wohl" fühlt, dann weicht sie (die Zuspielerin) eben auf die "leichteren" Seiten aus, was eben ein verstärktes Spiel über die Außenangreifer bedeutet. Aber wir haben heute auch öfter erfolgreich im Block gespielt, und die Gegner haben dann begonnen Fehler zu machen. Ich glaube da hatten wir schon von Beginn an einen guten Rhythmus, aber im 3.Satz dann erst recht…
Dynamics: Jetzt wollen wir mal über die bevorstehende Meisterrunde sprechen. Im Hinblick auf den Verfolger Münster habt Ihr ja Eure Hausaufgaben jetzt gemacht, aber habt Ihr erwartet, dass es noch einmal so eng werden würde?
Sherri: Ich glaube schon. Im letzten Jahr konnten sich ein paar Teams, z.B. Schwerin etwas absetzen, jetzt ist allerdings Dresden dort oben – die haben ja z.B. Christiane Fürst, die bei der WM in Topform war. Ich hab also schon erwartet, dass das Rennen so knapp werden würde, ich war also nicht überrascht. Die Mannschaften sind schon recht nah beieinander. Zumindest einige – so die ersten sechs, und dann gibt es einen kleinen Sprung. Aber man sieht es auch an Köpenick, sie sind so auf 7 oder 8, aber sie haben eine sehr gute Mannschaft, und können sich mit uns allen messen.
Dynamics: Jetzt mal zu Dir persönlich. Wir hatten den Eindruck, dass sich Dein Aufschlagspiel während der Saison sehr verbessert hat. Musstest du sehr hart daran arbeiten?
Sherri: Ja, auf jeden Fall. Damals in Amerika musste ich keine Aufschläge machen, weil dort der Libero für die Mittelblockerin oder eine andere Spielerin die Aufgaben machen kann (Anmerkung: Dies ist eine spezielle Regelung im Damenvolleyball der NCAA und an den amerikanischen Schulen) – daher habe ich eine ganze Zeit lang keine Aufschläge gemacht. Verglichen mit letztem Jahr komme ich jetzt immer besser damit zurecht.
Dynamics: Wir haben festgestellt, dass Du und die meisten amerikanischen Spielerinnen der Liga diese speziellen Kniestrümpfe tragen. Was für Vorteile bringen die?
Sherri: Das ist ein Stil, den wir drüben in Amerika haben. Dort tragen wir für gewöhnlich alle diese langen Socken. Wenn man über Boden schlittert, gibt es dann eben nicht so viel Reibung. Ansonsten machen die jedoch keinen großen Unterschied.
Dynamics: Es ist ja jetzt Dein zweites Jahr hier in Deutschland, und wir haben gehört, dass Du manchmal dazu neigst, großes Heimweh zu bekommen…
Sherri: Wir können ja während der Saison nicht nach Hause fahren, und das ist schon eine sehr lange Zeit – zehn von zwölf Monaten im Jahr. Es gibt meines Wissens nur eine Sportart mit einer längeren Saison, und das ist Tennis.
Dynamics: Jetzt teilst Du Dir ja eine Wohnung mit Manja – hilft Dir das beim Deutsch lernen?
Sherri: Ja, sehr sogar. Ich sage z.B. etwas in Englisch, und frage sie wie es auf Deutsch heißt. So geht das dann hin und her, bis es zu verwirrend wird. Dann machen wir meist etwas langsamer, oder es kommt – wie sagt man hier? -so eine Art "Denglisch" dabei heraus. Nun ja, so ein Mix eben, aber es hilft dann weiter. Letztes Jahr habe ich ja mit Iryna zusammen gewohnt, da hab ich sogar etwas Russisch verstehen gelernt. (lacht)
Dynamics: OK, ich glaube wir sind so weit durch…zumindest bin ich in meiner Liste am Ende.
Sherri: Vielen Dank, es hat wirklich Spaß gemacht.
Dynamics: Ja, wir bedanken uns auch, und wünschen noch viel Glück für das nächste Spiel.
Sherri: Ja, das werden wir brauchen in Dresden.
Das Interview führte Ingolf Rust (SC). Dank an Tommy für’s abtippen.
Schlagworte: Interview, Sherri Williams